Sonntag "MISERIKORDIAS DOMINI"


        Der 23. Psalm: superschön. (Wer’s mag.) Super bekannt. (Na ja, stark abnehmende Tendenz.)

Auf jeden Fall ein Klassiker. (In der deutschen Version mit der Sprache Martin Luthers.) -

Ich habe da natürlich die absolute Insider-Sicht. In meiner Kirchen-Blase ist Psalm 23 jedenfalls ein Hit.

Der Kern, Höhepunkt: nur vier Worte. „Du bist bei mir.“ Im Zweifelsfall braucht man nicht mehr als das.

„Du bist bei mir.“ - Schön daran: Dieser Satz funktioniert auch ohne das (möglicherweise der einen oder

dem anderen befremdliche) Bild von Schaf und Hirte. Wobei es aus Sicht des Schafs (wenn man sich

da hineinversetzt) traumhaft ist: so fürsorglich zur Weide und zum Wasser geführt und vor Feinden

und auf gefährlichen Wegen beschützt zu werden.

Also Schaf ... dass hier Mensch gemeint ist, sieht man ja an so einem Satz wie „Er erquicket meine Seele“.

Außerdem verlässt der Psalm in seiner zweiten Hälfte das Bild vom Schaf: „Du bereitest vor mir einen Tisch ...“

(Schafe haben keine Tische!) „... im Angesicht meiner Feinde.“Wer auch immer mit den Feinden gemeint ist:

Es wird nicht ausgeklammert, dass sie da sind, aber ihr Einfluss ist begrenzt.

Und dann die Krönung. Leider für unser Verständnis leicht befremdlich: Öl auf den Kopf.

Mit wunderbar kostbarem Öl das Haupt gesalbt zu bekommen, ist das alte Königskrönungsritual Israels: höchste

Ehrerbietung. - „... und schenkst mir voll ein“: Du wirst die Fülle haben, an allem genug, keinen Mangel.

Darauf den eingeschenkten Becher erhoben: zum Wohl!

Man könnte einwenden: ‚Das ist doch Quatsch, stimmt gar nicht, an irgendwas fehlt’s doch immer irgendwie!‘

Aber dann ist es auch jedesmal Quatsch, wenn jemand in einer schlimmen Situation zu wem

sagt: ‚Alles wird gut.‘ Denn das stimmt ja auch nicht immer.

 

Wenn man so will, ist Psalm 23 die biblische Version von ‚Alles wird gut‘. Und manchmal braucht man so einen Satz einfach.

Das ist die Kraft des positiven Denkens, die Einbildungskraft des Glaubens:

„Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“

 

Ein echtes old style Kinderlied mit dem Schäfchenbild des Psalms.

Würde heute niemand mehr so schreiben, so kitschig. Aber auch sooo süß.

Und Nostalgie. Also warum nicht ein bisschen darin schwelgen?