E. Stuve

Die Dionysiuskirche zu Wulsdorf

Es scheint ziemlich sicher, dass die romanische Feldsteinkirche zu Wulsdorf die älteste Kirche

des Vielandes ist. Sie wurde vermutlich im 11. Jahrhundert gebaut und diente als Wehrkirche.
Bei den im Spätsommer 2002 begonnenen Renovierungsarbeiten hatte die Bremer Landesarchäologie

die Möglichkeit den Bodenuntergrund innerhalb der Kirche wissenschaftlich zu untersuchen.

Neben einem Schatzfund aus dem 14. Jahrhundert kamen zahlreiche weitere mittelalterliche

Silbermünzen und andere Bodenfunde zutage, die Aufschluss über das Alter der Kirche und

ihrer Vorläuferbauten geben. Die wissenschaftliche Auswertung weist auf hölzerne Vorläuferbauten

und eine bis ins 10. Jahrhundert zurückreichende Bebauung des Kirchplatzes hin. Möglicherweise

steht die Errichtung des ersten Kirchbaues im Zusammenhang mit dem nebenan liegenden Jedutenberg,

der in alten Akten auch als „de Borch“ genannt wird und zur Abwehr der Normanneneinfälle

gedient haben soll. Die Kirche wird im Mittelalter wiederholt als Hauptkirche genannt. Sie war

dem heiligen Dionysius geweiht und soll eine Sendkirche gewesen sein. Zur Kirche gehörte auch

eine Vikarie Lambertus.

Wird Wulsdorf als Wallestorpe erstmals in einer Stiftungsurkunde des Ritters Trutbert

zugunsten des Klosters St. Paul 1139 erwähnt, so haben wir die erste urkundliche Nachricht

von der Dionysiuskirche aus dem Jahre 1313. Zu dieser Zeit waren die Kirchen des Vielandes in

Geestendorf, Schiffdorf und Bramel der Wulsdorfer Hauptkirche als filiale Woldestorpe untergeordnet.

Der Kirchhof war seit altersher von einer starken Feldsteinmauer umgeben. Heute steht

hiervon nur noch ein Teil der Mauernordseite. Jedoch auch dieser wurde bereits stark ausgebessert.

Die Wulsdorfer haben sich der Überlieferung nach bei Gefahr mit Hab und Gut hinter diese

Kirchhofsmauer zurückgezogen. In der alten Chronik des Vielandes heißt es hierzu:

,,Die bloße Befriedung des Kirchhofes kann so ein leicht kostbares Werk nicht erfordert haben.

Man glaubt daher, und zwar nicht ohne Ursache, daß die Einwohner in alten Zeiten mit ihrem

Vieh und ihren Gütern gegen den Überfall der Räuber, die bei niedrigem Wasser über

die Weser und Geeste gesetzt, dahingeflüchtet und sich durch dieselbe verteidigt haben.“

Um die Kirche herum lag der alte Friedhof. Doch nicht nur hier, sondern auch in der Kirche

bestatteten die Wulsdorfer ihre Toten. Hiervon zeugt der Grabstein des Christian von Düring.

In der Chronik heißt es: ,, liegt vor dem Altare ein einziger Leichenstein, der folgende Inschrift enthält:

Anno Dni 1466 obiit Dnus Christianus de Düring cuius anima requiescat in pace ...“

Zur Bekräftigung seiner Rechte an der Kirche von Wulsdorf soll Hermann von Düring

seinen Bruder Christian 1466 in der Kirche begraben haben. Die Grabplatte wurde später

aus der Kirche herausgeschafft. Sie ist jetzt — stark verwittert — an der Ostwand des Schiffes,

neben dem Choreingang angebracht. An der Südseite des Kirchenschiffes finden wir den

Choreingang angebracht.

An der Südseite des Kirchenschiffes finden wir die Grabsteine (sogenannte Stelen) von

Johann Honne (gest. 1713) und Gretje Ehlers (gest. 1687). Früher hat es viele solcher

Steine auf dem Friedhof gegeben. Sie sind jedoch nach und nach für bauliche Zwecke

abtransportiert worden. Nun dienen sie als Fundamente oder Schwellsteine. Eine solche

Aufgabe war auch der mächtigen Grabplatte mit dem Wappen des Johann Allers (gest. 1704),

die jetzt im Glockenstuhl untergebracht ist, zuteil geworden. Bis 1978 lag sie auf dem

Grundstück Bremer Straße 21 und wurde als Trittstein benutzt. Zur Dionysiuskirche

gehört der abseits stehende Glockenstuhl. Er wurde aus Backsteinen im „Klosterformat“

errichtet. Nur in seinen Fundamenten hat man Granitblöcke verwandt. Im Stuhl hängen die

„Sturmglocke“, die „Mittlere Glocke“ und die „Hohe Glocke“.

An der Südwand des Kirchturms befindet sich in 5 m Höhe aus Sandstein eine Sonnenuhr.

Sie wurde 1787 angebracht. Die Kirche musste in ihrer langen Geschichte mehrfach gründlich

renoviert werden. So kommt es, dass vom ursprünglichen Bau nur noch wenig blieb.

Deutlich sind die Veränderungen im Mauerwerk zu sehen. Neben Granitblöcken

finden sich Backsteine unterschiedlicher Formate. An ihnen lassen sich die einzelnen

Umbauten und Ausbesserungen ablesen. Die Reparatur von 1780 wird durch eiserne

Maueranker in Form der Jahreszahl am Turm angezeigt.

Auch das Kircheninnere wurde völlig erneuert. Wandflächen und Gewölbe sind zum

Teil neu geputzt und wurden gestrichen. Eine frühere gotische Wandmalerei

oberhalb des Triumphbogens ist hierbei übergestrichen worden.

Im II. Weltkrieg hat eine Fliegerbombe den östlichen Teil der Kirche stark beschädigt.

Er musste neu aufgemauert werden.

Das Gestühl aus dem 16. Jahrhundert ist ebenfalls erneuert worden.

Alte Hausmarken, die den Anspruch der Gemeindemitglieder anzeigten, verschwanden.

In einem Stuhlregister der Kirche hatten die Wulsdorfer die Sitzordnung festgelegt.

Die Plätze konnten vererbt oder verkauft werden. Es wurde in Manns- und Frauenstühle

unterschieden. Heute gibt es diese Einteilungen bzw. Privilegien nicht mehr.

Die Kirche zeigt sich jetzt im schlichten Gewand und bietet nicht nur dem

Besucher des Gottesdienstes durch ihre altehrwürdigen Mauern Beschaulichkeit und Andacht.